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Im Tal der Blumen - Die Brennerei Bladnoch

27.8.2021

Wenn ich Schottland besuche sind die Abläufe nach der Ankunft in Glasgow fest eingespielt: Einreise- und Passkontrolle, Gepäck, Mietwagen und noch am Flughafen wieder an den Linksverkehr gewöhnen. Schnell auf die M8, über die Erskine Bridge und auf die A82 in den Norden. Ein Navigationsgerät brauche ich schon seit Jahren nicht mehr, die Highlands rufen. Der Norden ist rau und wunderschön, aber auch im Süden gibt es viel zu entdecken. Eine wunderschöne und im späten Frühjahr blühende Landschaft rufen südlich der Glasgow-Edinburgh-Linie, den Lowlands. 

Seit einigen Jahren blühen auch die Whiskybrennereien wieder auf. Littlemill ist zwar für immer verloren, Rosebank soll 2022 neu eröffnen, Lindores Abbey hat gerade den ersten 3-jährigen Single Malt auf den Markt gebracht. Auchentoshan läuft unaufgregt. Aber ich will diese Woche weiter in den Süden, wirklich viel weiter und zu einer Brennerei, die es bisher nie so richtig in meinen Fokus geschafft hat, zu Bladnoch, in Bladnoch, am Bladnoch. Denn so heißt nicht nur die Brennerei, sondern auch das Dorf und der anliegende Fluss tragen diesen Namen, der gälisch so viel wie „Ort der Blumen“ oder „Tal der Blumen“ bedeutet. Sie ist die südlichste Brennerei Schottlands, direkt an der Grenze zu England. 

Bladnoch ist also Schwerpunkt in der kommenden Woche. Jahrzehnte unruhiger Zeiten hat dieses Schmuckstück von 1817 hinter sich. Ich will gar nicht so weit in der Vergangenheit wühlen, ein kurzer Blick zurück genügt um sich einen Eindruck zu machen. 1993 im Rahmen der Whiskykrise der 1980er Jahre geschlossen und später an die Gebrüder Armstrong verkauft. Diese hatten einen einfachen Plan: Ferienwohnungen und Apartments, ein Campingplatz mit Lokal. Gekauft wurden nur die Gebäude und das Grundstück von Diageo. Nachdem die beiden Brüder aber ein Gefühl dafür bekamen, was sie da nun besitzen, wurde diese Entscheidung revidiert und die sie machten sich an die Arbeiten zur Inbetriebnahme. Der frühere Inhaber Diageo spielte jedoch nur begrenzt mit, die Armstrongs konnten die Rechte an Bladnoch und die nötige Brennlizenz zwar erwerben, der Vertrag deckelte aber die Produktion von Bladnoch anfangs auf 100.000 Liter Alkohol im Jahr. Immerhin konnten auch schon reifende Fässer mit Whisky gekauft werden. Im Jahr 2000 war es dann so weit, Bladnoch lief wieder an. Neue Washbacks, Brennblasen und ein neues Besucherzentrum, aber das Glück war Bladnoch nicht hold. 2009 erfolgte wiederum die Stilllegung, abermals standen hohe Investitionen an.

Die Gebrüder Armstrong waren mittlerweile stark zerstritten und das Unternehmen in Entscheidungen durch ein Patt der Gesellschafteranteile handlungsunfähig. Der eine wollte die Brennerei verkaufen, doch mehrere Versuche scheiterten final an Raymond Armstrong. Einer der früheren Kaufinteressenten baute sich nach erhaltener Absage eine eigene Brennerei in den Lowlands. Nach einigen Jahren der Schließung einigten sich die Armstrongs schlußendlich auf einen Verkauf an indische Investoren. Raymond gab seinen langen Widerstand auf - zur Übernahme kam es aber dennoch nicht. Denn schottische Behörden zweifelten daran, dass die finanziellen Mittel der indischen Familie aus legalen Geschäften stammt und untersagten den Verkauf - es musste also ein neuer Investor her. 

Der Australier David Prior stammt aus einer Unternehmerfamilie, er selbst verdiente ein beachtliches Vermögen mit dem erfolgreichen Aufbau und letztendlichem Verkauf eines Bio-Joghurt-Unternehmens. Nach einer zweijährigen Auszeit mit Yoga und Surfbrett war David auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld und entschied sich dafür, eine schottische Brennerei zu kaufen. Die Suche des beauftragten Anwalts ergab jedoch nichts. Kurze Zeit soll David wohl sogar über den Bau einer eigenen Brennerei nachgedacht haben, aber der gescheiterte Verkauf von Bladnoch kam dem zuvor und brachte ihn in die Lowlands. 

Urheber: Bladnoch Distillery

David kaufte 2015 also Bladnoch, investierte und begab sich auf die Suche nach früheren Fässern. Die Lagerhäuser umfassten wegen der Stilllegung 2009 und dem früheren Kapazitätslimit nur rund 3.000 Fässer, alles was irgendwie ging wurde von Brokern und Abfüllern zurückgekauft. 2017 folgte zudem eine umfangreiche Modernisierung. Heute produziert Bladnoch also wieder. Die Fässer lagern alle vor Ort, das Gerstenmalz stammt vom Unternehmen Simpons Malt Ltd., die Bourbonfässer liefern verschiedene amerikanische Brennereien. Die aktuelle Core Range ist erst einmal vielfältig aufgestellt, die Produkte mit Altersangaben stammen alle aus Fässern der Armstrong-Ära, ebenso wie der Bladnoch „Samsara“, bei dem auf eine Altersangabe wegen der jüngeren beigemischten Fässer verzichtet wurde (2017 war der Anteil der kalifornischen Rotweinfässer erst 9 Jahre jung, die Bourbonfässer hingegen waren deutlich älter und man wollte keine 9 Jahre auf der Flasche stehen haben). Der aktuelle „Vinaya“ ist die erste Abfüllung bei welchem neben den sehr viel älteren Fässern auch der eigene junge (vierjährige) Whisky zum Einsatz kommt. Somit kann man gespannt sein, was in den kommenden Jahren folgt. Vor kurzem fragte ich in sozialen Medien andere Whiskygenießer nach ihren Erfahrungen mit Bladnoch, dem Großteil scheinen die Produkte gänzlich unbekannt. Außerdem wird häufig die Preispolitik genannt, auf welche ich nach der Woche im Fazit noch einmal eingehen werde. 

Schaue ich mir meine früheren Notizen durch, finde ich nur vier Bladnoch. Bei zweien habe ich mir mehr Zeit genommen und Verkostungsnotizen geschrieben. Die 11-jährige Originalabfüllung aus dem Sherry Butt Nr. 175 mit 55% bewertete ich 2014 als wirklich sehr gut mit 87/100 Punkten, bei einer 21-jährigen Abfüllung von Blackadder blieb mir damals vor allem ein starkes Aroma von Menthol in Erinnerung. Der eine Whisky herausragend, der andere speziell - erst einmal eine gute Voraussetzung sich dieser Brennerei noch einmal näher zu widmen. In den nächsten Tagen stelle ich euch daher die Single Malts der aktuellen Core Range vor, welche mir von Alba Import zur Verfügung gestellt werden. Ich bin jedenfalls gespannt. 


Core Range Verkostungen: 

Hintergrundbild: Alba Import

Bladnoch Vinaya, 46,7% alc. Originalabfüllung. Ausbau: Bourbon- und Sherryfässer (beide ausschließlich first fill).

Nase: Zuckersüß und frisch ist der erste Eindruck. Danach kommen grasige und leicht florale Aromen. Einiges an milden Äpfeln, süßlich ohne jede Säure, ein Hauch Vanille, Hafer und Orangenabrieb.

Gaumen: Hier kommt viel Charakter dazu. Süßlich und fruchtig mit Apfel und Birne, ein Spritzer Zitrone, danach kräftiger. Gebrannte Mandeln, Kakao, Eichenholz und bunter Pfeffer, etwas Milchkaffee mit cremiger Textur.

Abgang: Eher kurz, leicht und cremig. Süffig würde ich sagen. Es bleibt eine milde Trockenheit mit leicht würzigem Charakter.

Fazit: Der Anteil der noch sehr jungen Fässer kommt klar zum Vorschein, sie geben dem Vinaya einen frischen und milden Charakter. Gleichzeitig ist der Alkohol wunderbar eingebunden, keine Ecken und keine Kanten. Ein angenehmer Vertreter der Lowlands. 82/100 Punkte (2021). Ich danke Alba Import für die Probe.


Hintergrundbild: Alba Import

Bladnoch Samsara, 46,7% alc. Originalabfüllung.

Nase: Der Whisky beginnt mit blumigen Noten und geht schnell zu sehr reifen Pflaumen über. Dann Malz und schwarze Johannisbeeren, Vanille. Die Frucht wandelt sich in süße Weintrauben und Mandarine, dazu weiterhin Getreidearomen.

Gaumen: Sehr weich und cremig, leicht bittere Johannisbeeren, Stachelbeere und wieder das Malz. Die Pflaume zeigt sich etwas unreif. Im Hintergrund eine ganz entfernte Spur Ingwer, kaum spürbar, ansonsten wenig Würze.

Abgang: Cremig und eher mittellang, wieder sehr malzig. Jetzt kommt der Ingwer stärker durch, hält lange und trocken mit einer leicht prickelnden Schärfe an.

Fazit: Dieser Bladnoch hat eine schöne Linie von süßer Frucht zu einer leichten Schärfe, insbesondere der Abgang hat es mir sehr angetan. 85/100 Punkte (2021). Ich danke Alba Import für die Probe


Hintergrundbild: Alba Import

Bladnoch 11 Jahre, Bourbon Cask, 46,7% alc. Originalabfüllung. Release 2021

Nase: Angenehme Fruchtaromen mit leicht würzigem Einschlag. Feuchte Wiese und Getreide, Zitrusfrüchte, Buttergebäck und Eichenholz, mit etwas Zeit Aprikose und Grapefruit.

Gaumen: Frühstücksmüsli mit würziger Einlage von Eichenholz. Getrocknete Apfelringe, Haferbrei und leicht grasige Aromen.

Abgang: Mittellang und wärmend, die Zitrusfrüchte sind zurück. Dazu Gewürznelken und Eichenholz, entfernt Vanille.

Fazit: Ehrliche Bourbonfässer, sehr rund, sehr harmonisch. Für Freunde von süß/säuerlichen Fruchtaromen eine Empfehlung. Schöne Abfüllung. 83/100 Punkte (2021). Ich danke Alba Import für die Probe.


Hintergrundbild: Alba Import

Bladnoch 14 Jahre, Sherry Cask, 46,7% alc. Release 2021. Originalabfüllung.

Nase: Oh... da haben wir ihn, richtig schöner Sherrymalt. Rosinen, getrocknete Beeren, Orangen, Leder und Holzaromen. Es folgen wunderbar eingebundene Gewürze. Zimt ist darunter, entfernt ein wenig Lakritz. Harmonisch und wenig aufdringlich.

Gaumen: Er zieht seine Linie weiter durch. Einiges an Rosinen, ein Hauch Datteln, viel Leder und angenehm milde Holzaromen. Mehr Zimt als in der Nase, dazu Walnüsse und zarte Schokoladenaromen.

Abgang: Eher lang und anfangs noch sehr süß, zum Ende hin setzen sich noch einmal Zimt und trockenes Holz durch.

Fazit: In der aktuellen Core Range habe ich meinen Liebling definitiv gefunden. Ein wunderbarer Sherrymalt mit durchgehend klarer Linie, perfekt aufeinander abgestimmt. Richtig harmonisch und trotzdem nicht langweilig. 89/100 Punkte (2021). Ich danke Alba Import für die Probe.

Urheber: Bladnoch Distillery


 
 
 
 
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