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Tastingnotes & Whiskyblog

Raritäten zum Jahreswechsel 2024/2025

Für die letzten und ersten Tage der Jahre 2024 und 2025 nehme ich mir ein paar Raritäten vor. Teilweise aus längst abgerissenen Brennereien oder der jeweilige Whisky ist mittlerweile sehr selten und begehrt. 

28.12. Eine mittlerweile sehr seltene Abfüllung der Coleburn Distillery in der Speyside

Coleburn 1979 - 2000, 21 Jahre, 59,4%. Rare Malts Selection.

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Sehr speziell, eigenwillig und mineralisch. Apfelmost und etwas Flieder, dahinter verschiedene Gewürze und gärender Hefeteig, außerdem finde ich Weintrauben, etwas säuerliche Ananas, Kreide und eine zarte Torfnote.

Gaumen: Süß und trocken, leicht herb. Auch hier erst einmal Apfelmost, dazu aber auch Limetten, Erde und etwas Salz, Torf und Heidekraut. Anschließend entwickelt der Coleburn eine recht würzige Bitterkeit die vom Eichenholz angetrieben wird.

Abgang: Lang und wärmend, erinnert an trockenen Champagner, zumindest hinterlässt er ein prickelndes Gefühl im Mund. Etwas Honigsüße, einiges an Pfeffer, ein Hauch Tabak und Menthol.

Fazit: Blind hätte ich diesen Whisky eher in Inverness und weniger in der Speyside verortet, der Stil ist eigenwillig aber spannend. 86/100 Punkte (2024).


27.12. Zwei eher gegensätzliche Port Ellen 

Port Ellen 1983 - 1996, 43% alc. The Merchant’s Collection. Ausbau: Keine Angabe.

Hintergrundbild Whisky Auctioneer

Nase: Der Port Ellen startet mit Asche und etwas blumiger Seife, dahinter folgt ein wenig Aceton. Nachdem sich dieser erste Eindruck legt kommen getrocknete Gräser, Stroh und sehr leichte Fruchtaromen auf, darunter Banane und Aprikosen, aber auch leichter Sommerapfel. Ganz milde Gewürze kommen noch dazu, weißer Pfeffer und Gewürznelken. Der Geruch ist mild und doch sehr einfach strukturiert.

Gaumen: Macht so weiter wie bisher. Leichte Fruchtaromen und Honig, dazu Meersalz, viel Asche, gezähmter Torfrauch, etwas Holzkohle, anschließend wieder Pfeffer, Gewürznelken, verschiedene Kräuter.

Abgang: Eher mittellang, der Torfrauch ist nun etwas mehr ausgebaut, dazu Malzkekse, Haferbrei, Honig und Vanille, eine leicht pfeffrige Schärfe.

Fazit: Ein Port Ellen der eher mittleren Qualität und von einfachem Wesen. Ein typischer Trinkwhisky ohne sonderlich viel Komplexität aber auch ohne Fehlnoten. 81/100 Punkte (2024).


Port Ellen 1983 - 1997, 14 Jahre, 55,8% alc. The Vintage Malt Whisky (The Cooper’s Choice). Ausbau: Fass Nr. 311

Hintergrundbild Whisky Auctioneer

Nase: Eine Mischung aus Leinöl, intensivem Torfrauch und Asche begrüßt mich. Dahinter kommen direkt ein paar schöne Fruchtnoten mit Aprikosen, saftigem Pfirsich und ein wenig Apfel. Anschließend wird der Port Ellen wieder rauchig und nun auch mineralisch, ich denke an Graphit und feuchte Rundkiesel, aber auch an Meersalz und Muschelkalk. Im Hintergrund scheint die lange Zeit in der Flasche etwas feuchtes Altpapier und Birkenpilz hinterlassen zu haben.

Gaumen: Kräftig, intensiv, würzig. Phenol, Torf, Zitronenöl, Limettensaft, Anis, gebratener Fenchel, Kümmel, Lakritze, Schokolade, Kunststoffleder, mit Wachs poliertes Eichenholz. Komplex, spannend und herrlich lecker.

Abgang: Lang, rauchig, hier nun wieder mit mehr Asche und Holz, schön würzig, Kakaoaromen und Kaffee.

Fazit: Der Port Ellen macht mal richtig Spaß, auch wenn er geschmacklich kurz mal ein wenig chaotisch wird, während all die Aromen auf einen einprasseln. 91/100 Punkte (2024)


26.12. Wieder eine Lost Distillery: Millburn aus Inverness

Millburn 1983 - 2004, 20 Jahre, 43% alc. Private Cellar Cask Selection. Ausbau: Keine Angabe

Hintergrundbild Whisky Auctioneer

Nase: Ich muss erst einmal an Getreide und vertrocknete Rosen denken, dann etwas Wiese und auch ein sehr zarter Hauch von Torf. Anschließend wird der Millburn süßer, Apfelbonbons, Bananenchips, Aprikose. Im Hintergrund finde ich nun etwas Lavendel und Honig.

Gaumen: Verkohltes Holz und etwas Torf, dazu Orangen, frische Äpfel und Honig, ein wenig Ahornsirup und ne ordentliche Portion bunter Pfeffer. Auch Gewürznelken und Kampfer kommen auf.

Abgang: Mittellang bis lang, ausgewogen zwischen Gewürzen und Bitterkeit, die angekohlten Hölzer bleiben länger im Gedächtnis.

Fazit: Viele Vergleichsmöglichkeiten bekomme ich leider nicht, Millburn hat einfach Seltenheitswert. Diese Abfüllung zeigt zwar einen rauen und körnigen Ansatz, verfolgt diesen Stil bei weitem nicht so stark wie andere Millburn. Im Ergebnis super harmonisch und lecker. 88/100 Punkte (2024)


25.12. Zeit für Glen Grant 

Glen Grant 1961 - 2014, 52 Jahre, 40% alc. Gordon & MacPhail. Ausbau: Sherryfass Nr. 6200

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Das Alter riecht man sofort, der Glen Grant kommt mit einer unglaublichen Tiefe und Eleganz. Rosinen mit ein wenig Mandarinen schalte, beides steht auf einem antiken aber frisch polierten Eichentisch. Dazu Mandeln und Kastanien, Nougat, Milchschokolade, eingelegte Kirschen und Zedernholz. Auch Leder, karamellisierter Zucker und Datteln kommen auf.

Gaumen: Fruchtig, Cognac, Sultaninen, Datteln, Pflaumenmus und kandierte Orange, etwas Kinderlakritz und Anis, Fenchel, schwarzer Tee mit Kandiszucker, Milchkaffee und Pfirsich.

Abgang: Lang, viel Eichenholz, allerdings ohne dabei zu bitter zu werden. Rosinen, Grapefruit, Anis und Leder.

Fazit: Diesen Whisky könnte ich immer wieder und wieder verkosten, einer von den ganz großen Glen Grants. 94/100 Punkte (2024)


Am 24.12. musste es mal wieder ein Caperdonich werden...

Caperdonich 1994 - 2012, 18 Jahre, 49,2% alc. Anam na h-Alba. Ausbau: Bourbonfass (auch wenn auf dem Label fälschlicherweise 1st Fill Sherry steht)

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Grüne Äpfel, Kiwi und Honigmelone, etwas unreifer Bergpfirsich, dieser Caperdonich startet fruchtig. Dahinter kommen dunkle Schokolade und Walnüsse, etwas Malz und dünner Kaffee.

Gaumen: Hält sich an die Aromen der Nase. Äpfel, Birnen und Kochbananen, etwas Honigmelone und verschiedene Nüsse. Zudem finde ich hier Schokolade mit Mandelsplittern und Milchkaffee.

Abgang: Mittellang, der Fokus liegt auf den eher bitteren Aromen, allerdings in angenehmer Dosis. Mandeln, Limette, Grapefruit, Filterkaffee und etwas Kakao.

Fazit: Wer die Mischung aus sehr viel Sommerfrucht und leichten Bitterstoffen mag, findet hier einen passenden Caperdonich. Also wenn man ihn noch findet. 85/100 Punkte (2024)


Und ein Banff am 23.12.2024

Banff 1980 - 1998, 18 Jahre, 50% alc. Milroy’s of Soho. Ausbau: Fass Nr. 1552

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Heublumen und trockene Gräser, dazu Kerzenwachs und leichter Sommerhonig. Auch etwas Klee und Löwenzahn rieche ich in diesem Banff. Anschließend etwas unreife Birne, feuchte Kieselsteine und zarte Vanillearomen.

Gaumen: Reife Birnen und Äpfel, dazu etwas Zitronentarte und Cashewkerne mit einem Hauch Salz. Auch hier finde ich wieder Kerzenwachs und verschiedene Gräser.

Abgang: Mittellang und süß, verschiedene Küchenkräuter, etwas Blätterteig. Bittermandeln und Limette.

Fazit: Ein doch etwas einfacherer aber sauberer Banff mit typischen Brennereicharakter. 86/100 Punkte (2024)


Drei Littlemill zum 4. Advent: 

Littlemill 1992 - 2014, 21 Jahre, 53,6% alc. Lady of the Glen. Ausbau: Bourbonfass Nr. 16

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Bienenwachskerzen und verschiedene Kräuter. Eukalyptus, Salbei, Kresse und ein paar Aprikosen. Außerdem rieche ich milden Haferbrei mit Bananenstückchen. Anschließend kommt das Wachs stärker auf, dazu etwas feuchte Wolle.

Gaumen: Oh, wie beschreibe ich das. Der Littlemill ist unheimlich glatt und sauber, keine Fehlnote, kein spürbarer Alkohol. Geschmacklich haben wir hier viel Malz, etwas kalten Pfefferminztee mit Honig, Johannisbeeren mit einem Spritzer Grapefruitsaft.

Abgang: Lang, die Zitrusfrüchte werden noch einmal stärker. Zitronendrops, Mandarinen und Grapefruit.

Fazit: In der Nase weniger fruchtig als viele andere Littlemill, was ihn aber nicht weniger attraktiv macht. Im Gegenteil, besonders die Kräuter zusammen mit den Wachsnoten haben es mir angetan. 89/100 Punkte (2024)


Littlemill 1992 - 2015, 23 Jahre, 57% alc. Berry Bros & Rudd für Charles Hofer SA. Fass Nr. 506

Hintergrundbild TWE

Nase: Süß und exotisch. Ananas, Kiwi, Pfirsich und Litschi fallen mir zuerst auf, dahinter kommen Kamille, Salbei und Löwenzahn, anschließend gesüßter Kamillentee und getrocknete Gräser. Dazu einiges an Holzaromen, Eiche, Sandelholz, Zeder, Kiefernharz und sogar etwas Tannengrün.

Gaumen: Intensiv, die Kraft der 57% bringt die Aromen richtig in Fahrt. Auch hier wieder einiges an Fruchtaromen, Litschi, Kiwi und Mango, dann Ahornsirup, Malz und Rhabarber, trockenes Getreide, Müsli, etwas Grapefruit sowie Orangen, anschließend Zitronenbrause.

Abgang: Lang, wirkt nun etwas trockener als auf dem Gaumen, die süßen Fruchtaromen machen Platz für Malz und Honig. Zum Ende hin noch ein wenig Limettenabrieb.

Fazit: Mehr Frucht geht schon fast gar nicht, wieder mal ein herrlicher Littlemill. Hätte diese Brennerei doch früher schon solche Abfüllungen hervorgebracht, dann würde sie es heute bestimmt noch geben. 91/100 Punkte (2024)


Littlemill 1992 - 2019, 27 Jahre, 51,4% alc. Mancarella. Ausbau: Bourbon Hogshead Nr. 29

Hintergrundbild Whiskybase

Nase: Warme Butter und Popcorn mit Karamellsauce, anschließend kommen Vanille, zarte Gewürze und einiges an süßen Fruchtaromen durch. Dosenananas, Mandarine, Honig, reifer Pfirsich. Diese pappige Süße nimmt sich viel Raum und nach einer gefühlten Ewigkeit entdecke ich auch trockenes Laub, Gräser und getrockneten Lehm.

Gaumen: Anfangs cremig, wird schnell trockener. Die Süße ist sofort da, wirkt aber ein wenig milder. Karamell, Fudge, gebrannte Mandeln, Walnüsse und getrocknete Aprikosen. Dazu Butterkuchen, Orangenabrieb und etwas Paraffin.

Abgang: Lang bis sehr lang, trocken und nun auch würziger. Auch hier muss ich wieder an Popcorn mit Karamell denken, dazu Butterkekse, Zitronenkuchen, Haselnüsse, Mandeln und Eichenholz, etwas Pfeffer und Piment.

Fazit: Wieder einmal ein sehr spannender Littlemill, der sich von pappiger Süße zu einer eleganten Trockenheit wandelt. Eine wirklich gute Abfüllung. 89/100 Punkte (2024)

 
 
 
 
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